Pflegegrad und Fahrkosten zum Arzt

Pflegegrad und Fahrkosten zum Arzt - Was Sie unbedingt wissen sollten!

Pflegebedürftige tragen die Fahrkosten zum Arzt häufig selbst, obwohl sie dies nicht müssten

Im Gespräch mit Pflegebedürftigen oder deren Angehörigen kommt sehr häufig das Thema „Fahrkosten zu Arztbesuchen“ auf.

Immer wieder wird mir berichtet, dass Pflegebedürftige trotz zum Teil massiver gesundheitlicher Einschränkungen die Kosten für Fahrten zu ihren Ärzten selbst tragen.

Gerade für gesundheitlich stark beeinträchtigte Menschen sind jedoch häufige Arztbesuche vonnöten. Die allerdings aufgrund fehlender Kostenübernahme durch die Krankenversicherung auch oft unterbleiben beziehungsweise nicht in der Häufigkeit durchgeführt werden, die eigentlich notwendig wäre.

Über die Ihnen zustehenden Leistungen können Pflegebedürftige sich zwar online bei soliden Quellen wie dem Bundesministerium für Gesundheit informieren – hierfür muss man jedoch wissen, wonach man sucht.

Ein proaktives Informieren durch die Krankenversicherungen oder die behandelnden Ärzte über die Erstattung von Fahrkosten bei bestimmten Pflegegraden findet faktisch leider kaum statt.

Die Krux mit dem „Transportschein“

„Mein Arzt stellt mir den Schein dafür nicht aus, was soll ich denn machen?“.

Es ist in der Tat so, dass viele niedergelassene Ärzte (und immer häufiger auch Ärzte in den Kliniken) nur selten einen „Transportschein“, also eine Verordnung einer Krankenbeförderungsleistung, ausstellen.

In vielen Fällen wird das Ausstellen einer solchen Verordnung jedoch zu Unrecht verweigert, da Transportkosten ganz klar von den Krankenversicherungen übernommen werden, sofern medizinische Gründe beziehungsweise bestimmte Voraussetzungen vorliegen.

Diese Verordnungen belasten also nicht das Praxis-Budget, wie vielerorts als Begründung für die Ablehnung einer Ausstellung dieser Verordnung angeführt wird.

Ehrlicherweise benötigen die meisten Pflegebedürftigen jedoch gar keinen Transport, sondern schlicht und einfach eine Kostenübernahme für ihre „Krankenfahrt“.

Oft werden die Begrifflichkeiten „Krankentransport“ und „Krankenfahrt“ fälschlicherweise synonym verwendet, obwohl sie – auch leistungsrechtlich – verschieden sind.

Der Krankentransport für die Fahrt zum Arzt

Ein Krankentransport kommt in Frage, wenn die Betroffenen während der Fahrt entweder eine Betreuung durch qualifiziertes nicht-ärztliches Personal benötigen oder aber der besonderen Ausstattung eines Krankentransportwagens bedürfen.

Dies trifft beispielsweise auf Personen zu, die aufgrund ihres gesundheitlichen Zustandes bettlägerig oder durchgehend sauerstoffpflichtig sind.

Diese Krankentransporte müssen üblicherweise vor der Fahrt zum Arzt beziehungsweise zu einer ambulanten Behandlung von der Krankenversicherung genehmigt werden.

Dafür ist eine Verordnung einer Krankenbeförderungsleistung erforderlich, die von einem Arzt, Zahnarzt oder auch von an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden psychologischen Psychotherapeuten ausgestellt werden kann.

Krankentransport oder doch eher Krankenfahrt?

Von diesen Krankentransporten abzugrenzen sind Krankenfahrten.

In den meisten Fällen, in denen Pflegebedürftige ihren Arzt nach einem „Transportschein“ fragen, dürfte es eher um eine Krankenfahrt als um einen Transport gehen. Entsprechend wird das Ausstellen eines „Transportscheins“ häufig abgelehnt, weil ein Krankentransport medizinisch gesehen nicht notwendig ist.

Bedauerlicherweise werden Pflegebedürftige jedoch in den seltensten Fällen darüber aufgeklärt, dass ihnen über ihre Krankenversicherung die Leistung einer Krankenfahrt zusteht.

Hier liegt das Versäumnis allerdings nicht nur auf Seiten der behandelnden Ärzte, sondern auch bei den Krankenversicherungen selbst. Denn diese klären ihre Versicherten kaum eigeninitiativ darüber auf, welche Leistungen Pflegebedürftige in Anspruch nehmen können.

Und als Folge davon tragen Pflegebedürftige die Fahrtkosten zum Arzt oder zu ambulanten Behandlungen oft selbst, obwohl sie dies nicht müssten.

Fahrkostenübernahme durch die Krankenversicherungen

Fahrkosten sind in § 60 des 5. Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Krankenversicherung - geregelt.

Hiernach übernehmen die Krankenversicherungen Fahrkosten, „wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind“.

Hierunter fallen also keine bloßen Fahrten zum Arzt, um Rezepte oder Verordnungen abzuholen oder beispielsweise Termine abzustimmen.

Sehr wohl aber Fahrten zu Arztterminen, zu ambulanten Behandlungen und auch zur Chemo- oder Strahlentherapie sowie zur ambulanten Dialyse.

Die Krankenfahrt für die Fahrt zum Arzt

Auch Krankenfahrten können vom Arzt verordnet werden.

Generell müssen Ärzte bei der Verordnung von Krankentransporten oder -fahrten die geltende Krankentransport-Richtlinie beachten („Richtlinie über die Verordnung von Krankenfahrten, Krankentransportleistungen und Rettungsfahrten nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 12 SGB V“), die durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) erarbeitet wurde.

Gemäß dieser Richtlinie dürfen Pflegebedürftige, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, ein Taxi oder einen Mietwagen nutzen, um damit zum Arzt beziehungsweise zu den erforderlichen ambulanten Behandlungen zu gelangen.

Diese Krankenfahrten werden zwar ebenfalls durch den behandelnden Arzt verordnet, müssen der Krankenversicherung jedoch nicht erst zur Genehmigung vorgelegt werden.

Die Voraussetzungen hierfür sind:

Sofern keine Pflegegradeinstufung oder keine Schwerbehinderung mit einem der eben genannten Merkzeichen vorliegt, können Krankenfahrten zur ambulanten Behandlung dennoch verordnet werden, sofern die Betroffenen von einer „vergleichbaren Beeinträchtigung der Mobilität betroffen sind und einer ambulanten Behandlung über einen längeren Zeitraum bedürfen“ (§ 8 Ausnahmefälle für Krankenfahrten zur ambulanten Behandlung, „Krankentransport-Richtlinie“).

Zu beachten ist hier allerdings, dass in diesen Fällen die Verordnung der Krankenversicherung vor der Fahrt zur Genehmigung vorlegt werden muss.

Bei Vorliegen einer Pflegebedürftigkeit nach Pflegegrad 3 mit einer dauerhaften Beeinträchtigung der Mobilität oder Vorliegen von Pflegegrad 4 oder 5 oder einer Schwerbehinderung mit den Merkzeichen „aG“, „Bl“ oder „H“ muss die Krankenfahrt hingegen nicht erst der Krankenversicherung vorgelegt werden – sie gilt bereits als genehmigt.

Bisher war jedoch nur die Rede von Krankenfahrten mit einem Taxi oder mit dem Mietwagen.

Die „Krankentransport-Richtlinie“ spricht jedoch in § 7 auch von Krankenfahrten mit privaten Kraftfahrzeugen und öffentlichen Verkehrsmitteln.

Dies bedeutet für Pflegebedürftige, bei denen die eben genannten Voraussetzungen vorliegen, dass Ihnen auch eine Kostenerstattung zusteht, wenn sie sich mit einem privaten PKW zum Arzt fahren lassen oder dafür die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen.

In diesen Fällen benötigen Pflegebedürftige keine Verordnung Ihres Arztes über eine Krankenbeförderung.

Stattdessen wird vom Arzt eine Anwesenheitsbescheinigung ausgestellt, die Pflegebedürftige bei ihrer Krankenversicherung vorlegen und so eine Kostenerstattung beantragen können.

Die Höhe der Erstattung einer Krankenfahrt

Die Krankenversicherungen übernehmen jedoch keine beliebig hohen Fahrkosten für Krankenfahrten mit privaten Kraftfahrzeugen und öffentlichen Verkehrsmitteln.

Die Erstattungshöhe der Fahrkosten ist je nach gewähltem Verkehrsmittel begrenzt:

Sollten Pflegebedürftige öffentliche Verkehrsmittel für die Fahrt zum Arzt beziehungsweise ihren ambulanten Behandlungen in Anspruch nehmen, erstatten die Krankenversicherungen den unter Ausschöpfung von Fahrpreisermäßigungen anfallenden Fahrpreis.

Sollten Pflegebedürftige einen privaten PKW für die Fahrt zum Arzt respektive ihren ambulanten Behandlungen in Anspruch nehmen, erstatten die Krankenversicherungen maximal die Kosten, die bei der Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel angefallen wären.

Es spielt im Übrigen keine Rolle, ob es sich dabei um den PKW des Pflegebedürftigen selbst oder den PKW einer Pflegeperson handelt.

Pro gefahrenem Kilometer erstatten die Krankenversicherungen gemäß § 5 des Bundesreisekostengesetzes 0,20 €.

Zu beachten ist ferner, das bei jeder Fahrkostenerstattung eine Zuzahlung der Versicherten geleistet werden muss, sofern die Versicherten nicht zuzahlungsbefreit sind. Die Höhe der Zuzahlung variiert dabei zwischen mindestens 5,- € und maximal 10 €.

Pflegebedürftige haben häufig Anspruch auf Erstattung ihrer Fahrt zum Arzt

Das heißt also, dass Pflegebedürftige bezüglich der Kostenübernahme von Fahrten zum Arzt einige Möglichkeiten haben, sich diese Kosten von ihrer Krankenversicherung erstatten zu lassen - auch wenn diese Informationen häufig leider weder von den behandelnden Ärzten noch von den Krankenversicherungen offen kolportiert werden.

Faktisch haben Pflegebedürftige also wie folgt die Möglichkeit, sich Fahrkosten zu Arztbesuchen oder ambulanten Behandlungen erstatten zu lassen:

Erstattung von Fahrkosten zum Arzt bei Vorhandensein eines Pflegegrades